4.FASTENSONNTAG-19.03.2023

Schuld

Jeder Mensch begeht Fehler und lädt Schuld auf sich. Es ist ein Geben und Nehmen: Man wird schuldig an uns und wir werden schuldig an anderen. Aber über die eigenen Fehler zu sprechen, das geht gar nicht. Nichts ist so intim wie eigene Schuld. Die Abwehrreaktionen und die schier peinlichen Verrenkungen, die unternommen werden, um über eigenes Fehlverhalten hinwegzutäuschen, die sind allenthalben spürbar und sehbar. Allerdings ist das für die seelische Gesundheit des Menschen auf Dauer wenig förderlich. 

 Warum sich der Mensch mit seiner Schuld so schwer tut, das ist relativ simpel und leicht erklärt. Schuld ist schmerzhaft. Zumindest die unverdrängte Schuld ist schmerzhaft, weil sie uns nur zu deutlich vor Augen führt, dass unsere Prinzipien nicht mit unseren Handlungen übereinstimmen. An diese Tatsache lassen wir uns nur ungern erinnern. Deswegen legen wir uns kompensierende Muster und Verhaltensweisen zu. 

Eine zum Beispiel ist der Selbstbetrug. Wir etikettieren plötzlich schlechte Dinge als gut. Anstatt zu sagen: ‚Ich bin ein unglaublicher Egoist‘, sagen wir lieber: ‚Ich habe einen starken Willen. Ich weiß, was ich will und bin durchsetzungsstark.‘  

Es liegt Schönheit in der menschlichen Freiheit. Aber wir tragen deswegen auch Verantwortung für unsere Taten. Indem wir uns unseren Schuldgefühlen, unseren Gewissensbissen stellen, eröffnet sich ein unglaublicher kreativer Handlungshorizont. Nur, wenn ich auch bereit bin, mir diese schmerzhaften Seiten meines Lebens einzugestehen, wenn ich mich bewusst mit ihnen in die Auseinandersetzung begebe, nur dann werde ich entdecken, dass ich auf Dauer anders handeln kann. Dass sich neue Spielräume für mein Tun eröffnen und, dass ich dann wirklich zu einem Menschen heranwachsen und heranreifen kann, der dazu in der Lage ist, zu sich selbst zu stehen in allem Guten wie negativen. Der bestenfalls sogar noch ein Vorbild für andere werden kann. 

So viel Schönheit liegt selbst noch in menschlicher Schuld.